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Richard von Weizsäcker und der 2. Weltkrieg

„Mit meinen eigenen Erlebnissen aus dem Krieg der Hitlerzeit und nicht erst im Licht der heutigen Waffensysteme sehe ich im Krieg, wie die meisten von uns, nichts als den grausamen Zerstörer des Lebens.“

Richard von Weizsäcker im 2. Weltkrieg

Richard von Weizsäcker wurde im Herbst 1938 Rekrut in einer Maschinengewehrkompanie des Potsdamer Infanterieregiments 9, in das sein Bruder bereits zwei Jahre zuvor als Fahnenjunker eingetreten war. Er - inzwischen Leutnant – hatte wegen der zunehmenden nationalsozialistischen Beeinflussung während seines Studiums der Geschichte dann doch lieber Berufssoldat werden wollen.

Ende August 1939 kam es zu einer allgemeinen Mobilmachung, Richard von Weizsäcker hatte also nur ein knappes Jahr in Uniform hinter sich und schreibt in seinen Memoiren, dass man als einfacher Soldat die Situation unmittelbar vor Kriegsausbruch noch nicht durchschauen konnte: „Vom geheimen Protokoll zwischen Stalin und Hitler, das die entscheidende Voraussetzung für den Angriff auf Polen schuf, wussten wir nichts. Die deutschen Zeiten waren voll von Berichten polnischer Provikationen und Übergriffe gegen die deutschen Minderheiten. Wer wusste, ob die Berichte stimmten? Geglaubt wurde das meiste.“ (S.76)

Nachts ging es zum Verladebahnhof, die Stimmung war gedrückt. „Am frühen Morgen des 1. September überschritten wir die polnische Grenze. Tags darauf kam es gegen Abend zum ersten Gefecht mit polnischen Truppen, am Bahndamm von Klonowo, in der Tucheler Heide. Als erster Offizier des Regimentsfiel Heinrich, einige hundert Meter von mir entfernt.“ Morgens wurde Richard von Weizsäckers Bruder dann am Waldrand begraben, die anderen mussten weiterziehen. (S. 78)

Einige Zeit später wurde das Regiment nach Luxemburg verlegt, wo es von der Bevölkerung anders als in Ostpreußen abgelehnt wurde. Von Weizsäcker machte den „Frankreichfeldzug“ mit, kam dann aber wieder mit dem Regiment nach Osten an die Weichsel, später an die polnisch-russische Grenze.

Er wurde 1941 erstmals verwundet und kam nach vier Wochen Lazarett wieder zu seiner Truppe zurück.

Im Winter 1941/42 wurde das Regiment  - einen Tagesmarsch von Russland entfernt – fast ganz zerstört, zog sich nach Jütland zurück, wurde neu aufgestellt, kam dann in die Nähe von Leningrad an die Front und zog sich später über Litauen zurück nach Ostpreußen, wo es im März und April für den verbliebenen Rest zu den schwersten Kämpfen des Krieges kam.

Je länger der Krieg dauerte, desto größer wurde die Anspannung und desto schriller auch die falsche Propaganda aus Deutschland. Die Truppe war im tiefen Winter vor Moskau ohne Winterausrüstung, Befehle bezogen sich immer häufiger auf das Durchhalten.

Weil Richard von Weizsäcker wieder verwundet und abtransportiert wurde, kam er über Königsberg und die Ostsee zurück nach Potsdam und damit nicht in Kriegsgefangenschaft.

Es seien menschlich prägende Jahre gewesen, schreibt von Weizsäcker in seinen Memoiren. Man habe existenzielle Erfahrungen mit sich selbst und mit anderen in der Truppe gemacht.

Im engen Kreis der Vertrauten in der Truppe habe man immer offener über die Einhaltung der Gehorsamspflicht als Soldaten diskutiert. Das Dilemma beschreibt von Weizsäcker mit folgender Geschichte, die das Ende einer solchen Diskussion beschreibt:

„Die Wogen gingen hoch, bis einer von uns in der Erregung die Pistole zog und auf das Hitlerbild schoss, das dort an der Wand hing. Das war ein gefährlicher Schuss, der aus dem Herzen kam, aber des Schutzes durch eine Demonstration der Solidarität bedurfte. Deshalb schoss ich mit meiner Pistole sofort hinterher, und die anderen folgten. [...] Das Bild verschwand im Ofen, die Wand wurde mit einer Karte geschmückt ...“ (S. 88)

 

Quelle: Richard von Weizsäcker: Vier Zeiten. Erinnerungen, Berlin1997, S. 78 – 91.

Bildquelle: https://www.spiegel.de/fotostrecke/richard-von-weizsaecker-im-alter-von-94-jahren-gestorben-fotostrecke-123392.html

Vorbereitung: Alina Tchurz, Chandler Brosterhaus

Geschichte der Familie von Weizsäcker

Der Vater

Die Kindheit

RvW und der 2. Weltkrieg

RvW als Jurist

Die Familie

RvWs Zeit in der Wirtschaft

RvW als Präsident des Ev. Kirchentags

RvW als Reg. Bürgermeister von Berlin

RvW als Bundespräsident